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Infoblatt Der Ostseerat


Rat der Anrainerstaaten der Ostsee zur wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit

Kaum eine andere europäische Region hat sich nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes so grundlegend gewandelt wie der Ostseeraum. Bis zum Jahre 1989 bildete die Ostsee eine der Nahtstellen der potenziellen Konfrontation des Ost-West-Konfliktes. Nach dem Ende der künstlichen Trennung durch diese Blockbildung erhielten alle Ostseeanrainer wieder die Möglichkeit des ungehinderten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausches mit den benachbarten Staaten, die in den Bereichen Kommunikation, Handel und Verkehr in erheblichem Maße rasch zugenommen hat.


Gründung

Der Ostseerat geht auf Initiative des deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher und seines dänischen Amtskollegen Uffe Ellemann-Jensen anlässlich eines Treffens am 22. Oktober 1991 in Rostock zurück. Die Gründung des Ostseerates (Council of the Baltic Sea States, CBSS) erfolgte bereits wenige Monate später am 5. und 6. März 1992 in Kopenhagen. Dies war nur aufgrund der Tatsache möglich, dass bei dem Gründungsakt der beteiligten Regierungen auf den Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages verzichtet worden war. Damit konnte einerseits der „lockere Charakter“ des multilateralen, intergouvernementalen Zusammenschlusses gewahrt und andererseits auf ein langwieriges Ratifizierungsverfahren in den Parlamenten der einzelnen Mitgliedstaaten verzichtet werden. Der Ostseerat umfasst 12 Mitglieder: neben Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen, Polen, Russland und Schweden ist die EU-Kommission gleichberechtigt vertreten. Dem Ostseerat gehören somit EU-Mitgliedsstaaten (z. B. Deutschland) und Nichtmitglieder (z. B. Russland) an. Damit stellt der Ostseerat auch ein Bindeglied zwischen EU und Nicht-EU-Staaten dar. Am 1. Juli 2011 übernahm die Bundesrepublik Deutschland für ein Jahr von Norwegen den Vorsitz im Ostseerat.


Aufbau und Ziele

Der Ostseerat ist ein Gremium, das die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten in nicht-militärischen Bereichen anstrebt und den Erweiterungsprozess der EU hierdurch unterstützt. Ziel des Ostseerates ist es, dass Potenzial der gesamten Region zu nutzen und Synergieeffekte zu erzielen. Dabei wird aber nicht nur die wirtschaftliche und politische Kooperation der Mitglieder gestärkt, sondern auch in anderen Bereichen, z. B. Umwelt durch die Lokale Agenda 21-Abkommen für den Ostseeraum, die Zusammenarbeit angeregt. Die Lokale Agenda 21 wurde 1992 auf der UN-Konferenz von Rio de Janeiro von 170 Staaten als "Agenda 21" verabschiedet. In ihr wird Kommunen empfohlen, bei der Suche nach Auswegen aus der globalen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Krise eine aktive Rolle einzunehmen und die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung auf die kommunale Ebene zu übertragen. Des Weiteren wird im Tourismus und der Förderung der Verkehrsinfrastruktur die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten unterstützt und gestärkt. Auch die Pflege der kulturellen Beziehungen, die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Mitgliedsstaaten und der gegenseitige Informationsaustausch untereinander wurden als Ziele in der Erklärung von Kopenhagen genannt.
Der Ostseerat verfügt über ein rotierendes System der Präsidentschaft. Jedes Jahr übernimmt ein anderes Mitglied die Präsidentschaft. Die erste Präsidentschaft 1992/1993 wurde durch Finnland gestellt. Deutschland hatte 2000/2001 die Präsidentschaft inne. In jährlich stattfindenden Treffen der Außenminister der Mitgliedstaaten werden Initiativen und Programme verabschiedet, um das Zusammenwachsen der Region voranzutreiben. Zur Gewährleistung der vollen Einbeziehung der Europäischen Union als Mitglied des Ostseerates werden der jeweilige Ratsvorsitzende der EU und der Kommissionspräsident ebenfalls zu diesen Treffen eingeladen. Neben den jährlichen Außenministertreffen finden mittlerweile auch Treffen der Fachminister (Verkehr, Kultur, Energie, Bau, Wirtschaft und Inneres) statt. Seit 1996 werden in einem zweijährigen Rhythmus Ostseegipfel der Staats- und Regierungschefs veranstaltet. Daneben existiert ein Ausschuss hoher Beamter (AHB), bestehend aus Vertretern der jeweiligen Außenministerien, der alle zwei Monate laufende Abstimmungen und Absprachen durchführt. Es gibt die Möglichkeit, Arbeitsgruppen zur Bewältigung von anstehenden Projekten einzurichten. So existieren Arbeitsgruppen zu den Themen "Wirtschaftliche Zusammenarbeit", "Nukleare Sicherheit und Strahlenschutz" sowie "Förderung demokratischer Institutionen".


Initiativen

Auf den Treffen der Mitgliedstaaten sind bisher unterschiedliche Initiativen und Programme ins Leben gerufen worden. So wurde z. B. 1996 durch die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten die Arbeitsgruppe "Task Force zur verstärkten Bekämpfung der organisierten Kriminalität im Ostseeraum" geschaffen. Für den deutschen Zoll stehen hier die Bekämpfung der Bereiche Geldwäsche sowie Drogen- und Zigarettenschmuggel im Mittelpunkt. Ein anderes Gremium ist der 1994 auf Anregung Russlands geschaffene Kommissar des Rates der Ostseestaaten für Demokratische Entwicklung. Zu dessen Wirkungsschwerpunkten zählt die Überwachung der demokratischen Entwicklung in den Mitgliedsländern und dabei v. a. der Umgang mit Minderheiten (u. a. die russischsprachigen Minderheit in Estland und Lettland). Im Jahr 2000 wurde angesichts der hohen HIV-Infektionsrate in Kaliningrad (Russland) durch norwegische Initiative eine Expertengruppe zur Kontrolle ansteckender Krankheiten eingerichtet. Um ökonomische Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern abzubauen, wurde im März 2001 auf einer Wirtschaftskonferenz in Berlin die Entwicklung einer Wissenschaftsgesellschaft im Ostseeraum beschlossen, um die bestehenden Potenziale in den Bereichen Hochschulkooperation, IT und Technologietransfer herauszuarbeiten. An dem Zusammenwachsen der Region sind aber auch Wirtschaftsverbände, Universitäten und Gemeinden (z. B. Union der Ostseestädte) durch Projekte und Zusammenschlüsse beteiligt.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Mirko Ellrich
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 04.10.2012
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